New Adits, Villa For Forest Klagenfurt
19. bis 22. November
Sie sind nicht unterzukriegen! Trotz finanziell prekärster Umstände hat das künstlerische Leitungsteam, die Pianistin Ingrid Schmoliner und der Elektroniker Matthias Erian, zusammen mit Denise Zaros vom Verein Innenhofkultur nebst dem unverwüstlichen Kulturhaudegen Reinhard Spöck zum bereits 15. Mal das kleine, fast schon intime, dabei umso reizvollere und athmosphärisch kaum zu toppende New Adits-Festival in Klagenfurt gestemmt.
Ja, in früheren Ausgaben waren mehr Musiker:innen am Start, die meisten Programmpunkte, nämlich acht von elf Konzerten (eines viel krankheitsbedingt aus, zudem gab es eine Jamsession und zwei Soundinstallationen) waren Soli, dazu zwei Duos und ein Trio. Aber Quantität war bei den New Adits nie das Kriterium, sondern die Qualität und Originalität des Gebotenen, wofür es auch heuer wieder schöne Belege gab: Laura Pudelek mit Cello & Electronics ist keine Violeta Garcia, die mit dieser Kombination oft einen heftig dröhnenden Synthesizer zu ersetzen vermag, vielmehr steht hier das Saiteninstrument klanglich klar im Vordergrund. Die von ihr entfaltete subtil-feinsinnige Séance vermag eine/n zu transzendieren, ohne jedoch einzuschläfern, dafür ist die Klanglandschaft dann doch zu energiegeladen und komplex: kein Widerspruch!
Längst keine Unbekannten mehr und stets wieder hörens- und sehenswert sind Emilie Škrijelj und Tom Malmendier alias Les Marquises. Erstere greift zunächst gekonnt zu den Turntables, erzeugt ein Rattern und Scheppern, ein Rauschen und Dröhnen, bevor sie wie gewohnt ihr Akkordeon als komplexen Klangkörper nutzt und diesen entsprechend weit weniger per Tatstaur bespielt, als vielmehr darauf zu klopfen und zu hämmern und über die Oberschenkel in Schwingung zu versetzen. Kongenial begleitet von Malmendiers treibendem, variantenreichen Drumming, ergibt das den für das Duo charakteristisch laustark-noisigen, hypnotisch-mitreißenden Flow: ein Highlight!

agar agar (Martina Moro und Fabian Lanzmaier) nutzen das Zischen eines Sternwerfers als Soundtextur für ihr lebhaftes, elektroakustisches Set und lassen die für die 70er Jahre typischen psychedelischen Visuals in digitalem Gewand wieder aufleben, diesmal eben nicht mit Overhead-Projektor und Wasserfarben, sondern mit Beamer und Kamera, mit denen sie z.B. eine durch Beschallung zum vibrieren gebrachte Wasseroberfläche stark vergrößern und entsprechend entfremdet übertragen. Aux contraire: Dora Donata Sammer, die mit ihrer Blockflöte zunächst barocke Musik einer hochkomplexen Partitur zum (aller)besten gibt, bevor sie mit einer Paetzold-Bassblockflöte ein expressiv-lautstark-experimentelles Kontrastprogramm dagegensetzt: musikalische Dialektik at its finest!
Die Vokalkünstlerin Audrey Chen kennt man aus einer Vielzahl musikalischer Kollaborationen, in Klagenfurt performt sie solo und erzeugt bis zur physischen Erschöpfung ein unfassbares Spektrum an Lauten, ein Schreien, Krächzen, Grunzen, Brummen, Zwitschern, das den Hörerinnen und Hörern durchs Mark geht. Etienne Nillesen hingegen erzeugt hypnotisch-sinusartige Sphärenklänge, indem er mit den stumpfen Enden zweier Mini-Drumsticks permanent konzentrisch über die Snaredrum streicht und kratzt, ohne ein einziges mal darauf zu trommeln.
Im Geiste einer Minimal Music sensu Steve Reich beeindruckt das Trio Fri3ser aus der Schweiz, deren bunte, lebendige Klangfarben, aber auch Erinnerungen an das unvergessene Esbjörn Svensson-Trio hervorrufen. Von diesen Newcomern wird man zweifellos noch einiges hören. Zahra Mani ist in London geboren, die Liebe freilich hat sie nach Leibnitz in die Südsteiermark verschlagen, von wo aus sie mit ihrem E-Bass samt Laptop einen lebendig-lautstarken Dark Ambient kredenzt, der durch wirklich gelungene Visuals im Industrial-Style überzeugt.
Sofern die Fördermittel nicht zur Gänze gestrichen werden, wird es die New Adits auch 2026 wieder geben, dann aber, Stand heute, zum wohl letzten Mal in der charismatischen Villa For Forest, wo sich bis 2019 das Planungsbüro der unvergessenen Kunstperformance der Verwandlung des Wörthersee-Fußballstadions in einen veritablen Wald befand und die seitdem als Homebase des grundsympathischen Vereins für Innehofkultur dient. Die historische Stadtvilla soll an Privatinvestoren veräußert und der künstlerischen Nutzung, für die sie wie geschaffen ist, entzogen werden. Ein Grund mehr, auch nächstes Jahr dort aufzukreuzen – dank Koralmbahn rückt Klagenfurt bis dahin ja auch deutlich näher an Graz und Wien.