MMI Festival, MĂĽnchen, 2. bis 4. Mai
Das Festival fĂĽr „Impro Music ConÂcerts“ (MMI) fand seit seiner ErstausÂgabe 2016 heuer zum dritten Mal in MĂĽnÂchen statt (neun Gigs an drei Tagen im Einstein Kulturzentrum, einem ehemaligen Bierkeller, der ansonsten von den Offenen Ohren bespielt wird und sich gleich neben der Unterfahrt befindet), zweimal hingegen war Barcelona der Austragungsort, was daran liegt, dass die GrĂĽnderin, Direktorin und Kuratorin Sophie Graber (sie programmierte zuÂsammen mit Alfonso Muñoz), der einen GroĂźteil des Jahres in Barcelona lebt, weshalb ein hoher Anteil spanischer MuÂsiker:innen stets typisch fĂĽr’s MMI waÂren und sind. Neben diesem Kriterium ist es insbesondere auch der Mix aus altgestandenen Heroen der freien Impro und (noch!) eher unbekannten PerforÂmern, der das MMI zu einem echten Schmankerl machen.
Da brilliert etwa der Bariton- und Alt-Saxofonist Don Malfon, mit einer VielÂzahl an Dämpfern und Deckeln hantierend, zusammen mit den groĂźartigen, altgedienten Kapazundern AgustĂ FerÂnánÂdez am Klavier, innen wie auĂźen, und Zlatko KauÄŤiÄŤ an den präparierten Drums. Ausgehend von DemonstrationsÂgesänÂgen und -parolen, die KauÄŤiÄŤ per SmartÂphone einspielt, steigern sich die drei in einen Hochenergie-Flow, der an das InÂnere eines Maschinenraums gemahnt, aber auch subtile und konzentrierte PasÂsagen mit klangexperimentellem ChaÂrakter umfasst, wie sie zuvor beim Duo John Butcher (Tenor- und Sopransax) und Vasco Trilla an der Percussion in Form reduzierter, exakter SounderzeuÂgungen dominierten. In allen Fällen: ImÂpro at its very best.
AuĂźergewöhnlich und beeindruckend ist auch der intensive Stepp- und AusÂdruckstanz von SĂłnia SĂ nchez, den sie auf ausgelegten Holzbrettern performt. Im zwischen laut-expressiv und subtil-meditativ changierenden Trio mit dieb13 an den Turntables und der fantastischen Jordina MillĂ am Klavier ĂĽberwiegt eher der sinnlich-ästhetische Charakter ihres Auftritts; im Zusammenspiel mit Pianist AugustĂ Fernández und LucĂa MartĂnez an den erfrischend heftig gedroschenen Drums (nebst diversen Soundgadgets wie Plastikrohr und Plastikschläger) hingegen lässt SĂ nchez’ Stepptanz die Freakout-Passagen durch ihre prasselnden Soundkaskaden zum reinigenden Gewitter anschwellen.
Apropos Spitzendrummer:innen, die noch(!) nicht die Bekanntheit haben, die ihnen vom Können her gebĂĽhrt: Joni SiÂgil bietet eine erheiternde, spektakuläre Show, bei der Schlagzeugbecken als Schaber und Schaufeln zweckentfremdet werden, in sie eingebohrte Löcher mit Holzstäben bestĂĽckt und im Stil eiÂner singenden Säge Verwendung finden und sogar eine mit Fingern zum kreischenden Quietschen gebrachte BilligÂplastikwinterjacke zum Einsatz gelangt. Zusammen mit John Butchers Gläser fast zum Platzen bringendem SopransaÂxoÂfonhochfrequenzpfeifen und der stĂĽrmischen Marta Warelis am Klavier wurden hier die Trommelfelle auf das ErÂbauÂlichste gereizt und Wonneschauer erÂzeugt. Letztere vermochte auch Marja Burchard, in der Nachfolge ihres Vaters Leiterin des legendären Krautrock- und Weltmusik-Ensembles Embryo, zu erÂzeugen, wenn sie, wie stets blendend gelaunt, mit blĂĽhender Fantasie, mit SchlĂĽsselbund, Alufolien, Stempeln undÂundund ihr Vibrafon nicht nur zum VibrieÂren, sondern fast zum Platzen bringt, kongenial gerahmt von zwei teils antreibenden, teils Kontrapunkte setzenden Schlagzeugsets, namentlich bespielt von Zlatko KauÄŤiÄŤ und LucĂa MartĂnez.
Letztlich wären hier alle der neun Gigs lobend zu erwähnen, auch natĂĽrlich Christine Abdelnour am Altsaxofon, die mit Alex Reviriego (b) und Vasco Trilla (dr) spannungsreiche Klangtexturen webt. All in all: Welch ein erfrischendes Wochenende mit abwechslungsreicher State-of-the-art-Improkunst! Indes, und dieses Bedauern sei hier nicht verschwieÂgen: Drei Tage beste Musik, sehr gut besuchte Konzerte, Musiker aus Näher und Ferner – und dennoch kam keine echte Festivalatmosphäre auf, was freilich nicht am Veranstalterteam lag, sondern an den örtlichen Begebenheiten des Einstein, dessen Bar bereits vor EnÂde des letzten Konzerts schlieĂźt und das selbst kurz danach zusperrt. Anyway: Hauptsache, nächstes Jahr gibt’s hoffentlich wieder ein MMI in MUC!