SOPHIE AGNEL
song
Relative Pitch

Eine kurze, kaum hörbare Vokaleinspielung hinterlegt die ersten Töne des jüngsten Soloalbums der grandiosen französischen Klavierspielerin. Die Dichte der dunklen Klänge nimmt sukzessive und unaufhaltsam zu und mündet in ein Furioso. Wir hören das erste Stück der von Song 1 bis Song 7 schlicht betitelten Exkursionen. „Jedesmal, bevor ich damit anfange, rede ich mir ein, nicht in einer Art Routine landen zu wollen“, erzählte Sophie Agnel im freiStil-Interview. „Ich will nicht auf Vorgefertigtes zurückgreifen und mich nicht darauf verlassen, was ich eh schon weiß.“ Und sie weiß in ihrer langen Karriere viel, sehr viel. Das zweite, behutsame „Lied“ lokalisiert Agnel in den höheren Regionen und garniert es mit Klopfgeräuschen im und am Klavierkörper. Darauf folgt ein Parallelslalom zwischen Tasten und Saiten samt einer Fülle an Zwischen- und Obertönen. Weite Räume in teilweise bislang unerforschtem Terrain erschließt der vierte und umfangreichste, mit perkussiven Elementen versehene Song 4, bevor Assoziationen von Geigen, Sägen, Vögeln und sphärischen Schwebungen hervorgerufen werden. Und im Finale paraphrasiert Agnel einen tatsächlichen, wieder zusgespielten Song auf unnachahmliche Weise, um ihn mit schlichten Akkorden ausklingen zu lassen. Das Heitere und das Ernste, die Intensität und der Variantenreichtum kennzeichnen dieses, jetzt kann man’s ja sagen, pianistische Meisterwerk.
felix